Serious Games: Den Ernst des Lebens erspielen

Computerspiele dienen nicht mehr ausschließlich der Unterhaltung. „Serious Games“ zielen darauf ab, Inhalte zu vermitteln oder Fähigkeiten zu trainieren. Was solche „ernsten Spiele“ können und worauf man achten sollte, erfahren Sie hier.

Junge spielt Serious Games vor dem Notebook
Serious Games. Foto: Adobe Stock

Spaß und Unterhaltung liegen in der Natur des Spielens. Doch der Lerneffekt erhält in einem wachsenden Markt für Video- und Computerspiele eine immer wichtigere Rolle. Als „Serious Games“ werden Spiele bezeichnet, bei denen die Vermittlung von Wissen oder Kompetenzen im Vordergrund steht.

Spiele im Bildungssektor

So wie spielerisches Lernen kein völlig neues Konzept ist, handelt es sich auch bei Serious Games um alles andere als ein trendiges Schlagwort. Tatsächlich wurde der Begriff bereits Anfang der 1970er Jahre geprägt. In seinem gleichnamigen Buch beschrieb der Sozialwissenschaftler Clark C. Abt das Konzept der Serious Games und die positiven Aspekte der spielerischen Wissensvermittlung im Bildungsbereich.

Serious Games können auch Elemente von Planspielen enthalten, die zu Simulationszwecken etwa in der Vermittlung von Wirtschaftswissen oder im militärischen Kontext schon lange angewandt werden. Mit dem vielfältigen Angebot an digitalen Spielearten verschwimmen die Grenzen zwischen E-Learning, Lernsoftware, Game-based Learning und Serious Games zunehmend.

Während man unter E-Learning lediglich digital unterstütztes Lernen wie etwa klassische Lehrvideos versteht und Lernsoftware entsprechende Computerprogramme wie beispielsweise Programme zum Lernen von Fremdsprachen umfasst, werden beim Game-based Learning Spiele wie Wirtschaftssimulationen oder Webquests (Rätselrallys im Internet) dazu genutzt, Lerneffekte zu erzielen. Serious Games sind im Unterschied dazu von Anfang an darauf ausgelegt, bestimmte Inhalte zu vermitteln. Ein Beispiel dafür ist etwa das Adventure-Game „State of Mind“: Die Handlung bewegt sich zwischen dem futuristischen Berlin des Jahres 2048, in dem es keine Privatsphäre mehr gibt, und der virtuellen „City 5“, wobei die Spielerinnen und Spieler gleich mehrere Hauptcharaktere steuern. Das Science-Fiction-Spiel widmet sich dem Thema Transhumanismus und stellt wichtige Zukunftsfragen, unter anderem „Wie sieht die digitale Zukunft aus?“ oder „Welchen Einfluss hat künstliche Intelligenz auf unser Leben?“.

Hinweis

Mithilfe von Serious Games, die sich Virtual Reality (VR) oder Augmented Reality (AR) bedienen, können Userinnen oder User in die virtuelle Umgebung des Spiels eintauchen. So wird das Spielerlebnis immersiver, es werden mehr Sinne angesprochen und der kognitive Effekt der spielerisch vermittelten Inhalte wird verstärkt. Neben Unterhaltungs- und Lernzwecken werden VR-Brillen auch für therapeutische Zwecke eingesetzt. Mehr darüber lesen Sie im Interview mit  Physiotherapie-Experte Herbert Schachner-Nedherer von der Fachhochschule Gesundheitsberufe Oberösterreich.

Welchen Nutzen haben Serious Games?

Der Einsatz spielerischer Elemente in der Wissensvermittlung verspricht tendenziell einen höheren Lernerfolg, der durch mehr Motivation und bessere Trainingsmöglichkeiten erreicht werden soll. Ermöglicht wird dies vor allem durch Storytelling und Technologie. Demnach erleichtert etwa die Einbettung von Lerninhalten in eine packende Rahmenhandlung den Spielenden, Informationen aufzunehmen. Von technischer Seite schaffen sogenannte Game-Engines, also spezielle Software, realistische Darstellungen und abwechslungsreiche Spielverläufe.

Je nach Spielaufbau und -logik können Nutzende eine aktive Rolle einnehmen und eigenständig Erfahrungen sammeln. So wird eine intensivere Beschäftigung mit den Inhalten erreicht. Das Spiel kann außerdem Rückmeldungen liefern und ermöglicht individualisierte Lernerfolge.

In der Medizin werden Serious Games dafür eingesetzt, komplexe Therapien zu unterstützen, Patientinnen und Patienten die richtige Einnahme von Medikamenten beizubringen oder motorische beziehungsweise kognitive Fähigkeiten zu trainieren.

Hinweis

Ein Beispiel aus der Vermittlung von Medienkompetenz ist das Serious Game „Fake It To Make It“ der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung. Hier werden wirtschaftliche und soziale Dynamiken sowie technische Rahmenbedingungen thematisiert, die zur Verbreitung von Fake News führen: Um die Mechanismen und Interessen hinter Falschmeldungen verstehen zu lernen, müssen die Nutzerinnen und Nutzer dabei versuchen, selbst Fake News in sozialen Medien zu verbreiten, um möglichst viele Klicks zu generieren. Neben dem Browserspiel umfasst das Angebot auch Arbeitsmaterialien zum Download.

Worauf sollte man bei Serious Games achten?

Da es sich bei Serious Games häufig um webbasierte Angebote, die über den Internetbrowser genutzt werden, oder eine eigene Software handelt, sind bei ihrer Verwendung zunächst allgemeine Sicherheitsaspekte zu beachten: Ist die Quelle oder der Spielanbieter bekannt und seriös? Welche Daten müssen angegeben werden, um zu spielen? Könnte das Online-Game von Ihrem Spielverhalten auf andere persönliche Informationen schließen?

Darüber hinaus ist eine kritische Bewertung dessen, was durch das Spiel vermittelt wird, zu empfehlen. Dies gilt besonders, wenn ein Spiel von Kindern genutzt werden soll: Sind sie den ernsten Themen gewachsen und können sie das Spiel richtig einordnen?

Die Einbettung in ein didaktisches Gesamtkonzept und weiterführende Begleitung über andere Kanäle und durch Ansprechpersonen ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig. Daher richten sich viele der angebotenen Serious Games an Bildungsinstitutionen und Lehrkräfte, welche die Programme in ihren Unterricht einbinden können.

Hinweis

Wer Serious Games ausprobieren und ein Gefühl für die Vielfalt des Angebots bekommen möchte, kann beispielsweise die Sammlung der deutschen Stiftung Digitale Spielekultur nutzen. Sie liefert neben der medienpädagogischen Einordnung eine Suchfunktion. Das Angebot lässt sich nach Themen, technischen Voraussetzungen, Altersfreigabe und anderen Merkmalen gezielt durchsuchen.

Die Plattform bildung.digital der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung führt weitere Sammlungen geprüfter Serious Games.

Spiel ist nicht gleich Spiel

Bei allen Möglichkeiten und Vorteilen von Serious Games ist die richtige Erwartungshaltung entscheidend für den Spielspaß. Denn das Design solcher Spiele gestaltet sich oft völlig anders als bei kommerziellen Blockbuster-Spielen. Dies liegt zunächst am deutlich geringeren finanziellen Aufwand, der mit der Entwicklung von Lernspielen verbunden ist. Außerdem hat die Wissensvermittlung im Unterschied zu reinen Unterhaltungsprodukten einen höheren Stellenwert.

Und schließlich entscheidet der Kontext, in dem ein solches Spiel zum Einsatz kommt, maßgeblich darüber, ob es gut und gerne genutzt wird. So gehört es für viele zum Wesen eines Spiels, dass es gänzlich freiwillig und unbeschwert gespielt wird – ein Anspruch, der durch den ernsten Charakter von Serious Games beeinträchtigt werden kann. Der Erfolg von Lernspielen ist also stets auch von der Akzeptanz und dem Interesse der Spielenden abhängig.

Letzte Aktualisierung: 8. Juli 2024

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria