Digital Services Act: Neue Spielregeln für Anbieter im Internet
Der Digital Services Act schafft erstmals klare Regeln für den digitalen Raum in Europa und sorgt für mehr Sicherheit und Fairness auf Onlineplattformen. Das neue EU-Gesetz im Überblick.

Auf den ersten Blick ist das 2024 in Kraft getretene „Gesetz über digitale Dienste“ (auf Englisch: Digital Services Act – DSA) eine von vielen Verordnungen aus Brüssel. Jedoch hat der DSA eine besonders große Bedeutung, denn er verändert die Spielregeln im Internet grundlegend – vor allem hinter den Kulissen.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was für Regeln der EU-weite Gesetzesrahmen vorsieht – und was sich für Nutzerinnen und Nutzer ändert.
Warum gibt es den Digital Services Act?
Der DSA als EU-weit verbindlicher Rechtsrahmen soll für eine sicherere, transparentere und gerechtere Onlineumgebung sorgen. Der Grundsatz dahinter lautet: Was offline illegal ist, muss auch im Netz illegal sein.
Gegen folgende Bedrohungen soll mit den neuen Regeln vorgegangen werden:
- Illegale Inhalte: Hassrede, Terrorpropaganda und gefälschte Produkte machen das Internet zu einem gefährlichen Terrain.
- Desinformation und Manipulation: Feindliche Akteure und KI-gesteuerte Bots verbreiten gezielt Falschinformationen, um die öffentliche Meinung und politische Prozesse zu beeinflussen.
- Mangelnde Transparenz: Algorithmen bestimmen, welche Inhalte Nutzerinnen und Nutzer zu sehen bekommen, ohne dass klar ist, nach welchen Kriterien die Auswahl erfolgt.
- Dominanz großer Anbieter: Plattformen wie Google, Facebook oder Amazon haben eine enorme Marktmacht, wodurch sie den wirtschaftlichen Wettbewerb beeinträchtigen.
In Österreich hat der DSA das Kommunikationsplattformen-Gesetz ersetzt, das Anbieter digitaler Plattformen verpflichtete, Melde- und Überprüfungsverfahren für potenziell rechtswidrige Inhalte einzurichten.
Ausführliche Informationen zum Thema Desinformation finden Sie in unserem gleichnamigen Schwerpunkt.
Welche digitalen Dienste sind erfasst?
Der DSA betrifft alle Anbieter, die in der EU aktiv sind – unabhängig davon, ob das Unternehmen seinen Sitz in Europa hat oder nicht. Er gilt für sogenannte Vermittlungsdienste, also alle Dienstleistungen, mit deren Hilfe Informationen über das Internet ausgetauscht werden.
Vermittlungsdienste bilden das Rückgrat des Internets. Dazu gehören:
- Internetprovider und Hosting-Dienste, die den Zugang zum Internet ermöglichen oder Inhalte speichern, zum Beispiel Cloud-Anbieter
- Onlineplattformen, die Inhalte verbreiten oder Transaktionen ermöglichen, wie soziale Netzwerke (Facebook, Instagram, TikTok), App-Stores (Google Play Store, Apple App Store) und Online-Marktplätze (Amazon, eBay, willhaben)
- Suchmaschinen wie Google oder Bing, die Informationen im Netz auffindbar machen
- Caching-Dienste, die Inhalte zwischenspeichern, um Ladezeiten zu verkürzen
Im Vergleich zum früheren Kommunikationsplattformen-Gesetz ist der DSA also viel umfassender. Er deckt die gesamte digitale Infrastruktur ab – von der Nachricht an die beste Freundin bis zum Onlinebanking.
Wozu verpflichtet der Digital Services Act?
Wer die Informationsflüsse im Netz kontrolliert, hat automatisch eine große Macht. Die blieb aber bisher verborgen. Der DSA bringt sie ans Licht, indem er Anbieter dazu verpflichtet, ihre Arbeitsweise transparent zu machen: wie sie Informationen bereitstellen, wem sie welche Inhalte anzeigen – und warum sie das tun.
Die konkreten Verpflichtungen variieren je nach Größe und Art des Dienstes. Die wichtigsten Regeln lassen sich so zusammenfassen:
- Transparenzpflichten: Plattformen müssen offenlegen, wie ihre Algorithmen Inhalte empfehlen und Werbung ausspielen. Nutzerinnen und Nutzer sollen nachvollziehen können, warum ihnen bestimmte Inhalte angezeigt werden.
- Schnellere Entfernung illegaler Inhalte: Plattformen müssen ein klar strukturiertes Verfahren für die Meldung und Löschung illegaler Inhalte einführen.
- Sicherheitsmaßnahmen für Online-Marktplätze: Verkäufer müssen besser überprüft und die Herkunft von Produkten transparenter gemacht werden, um den Verkauf gefälschter oder gefährlicher Waren zu verhindern.
- Schutz vor Desinformation: Sehr große Onlineplattformen wie Amazon oder Facebook müssen Maßnahmen zur Bekämpfung systemischer Risiken wie Desinformation und Wahlmanipulation ergreifen.
- Werbetransparenz: Plattformen dürfen keine sensiblen Daten (z. B. Religionszugehörigkeit, sexuelle Orientierung, politische Ansichten) für zielgerichtete Werbung nutzen und müssen klar kennzeichnen, wenn es sich um bezahlte Inhalte handelt.
- Beschwerdemechanismen und Schlichtungsverfahren: Nutzerinnen und Nutzer erhalten das Recht, Entscheidungen über die Entfernung von Inhalten einmalig anzufechten. Plattformen müssen einfache und transparente Beschwerdemechanismen anbieten.
Besonders streng sind die Regeln für sehr große Onlineplattformen (VLOPs) und sehr große Suchmaschinen (VLOSEs), von Amazon über Facebook und Instagram (Meta) bis zu Google. Diese Anbieter müssen unter anderem jährlich eine Risikoanalyse durchführen und externe Audits bestehen, um zu zeigen, dass sie systemische Risiken wie Desinformation und Wahlmanipulation effektiv bekämpfen.
Wer kontrolliert, ob der Digital Services Act eingehalten wird?
Die Befolgung des DSA wird auf mehreren Ebenen kontrolliert:
- Die EU-Kommission überwacht die sehr großen Plattformen und Suchmaschinen direkt. Sie kann unabhängige Prüfungen anordnen und die Anbieter mit Geldbußen belegen.
- Auf nationaler Ebene wird eine Behörde als Koordinationsstelle für digitale Dienste (DSC) ernannt. In Österreich ist dies die Kommunikationsbehörde Austria, auch KommAustria genannt. Sie überwacht die Umsetzung des DSA und dient als Anlaufstelle für Beschwerden innerhalb Österreichs.
- Darüber hinaus gibt es anerkannte Meldestellen, die wegen ihrer besonderen Fachkompetenz als besonders vertrauenswürdig gelten („Trusted Flagger“). Ihren Beschwerdemeldungen zu illegalen Inhalten müssen die großen Onlineplattformen nachgehen. Oftmals handelt es sich bei „Trusted Flaggern“ um Verbände oder zivilgesellschaftliche Organisationen, in Österreich sind das beispielsweise „Rat auf Draht“ oder der „Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb“.
Verstöße gegen den DSA können für die Anbieter teuer werden: Die Geldstrafen betragen aktuell bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.
Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria