Selbstfahrende Autos – Wie sicher sind die rollenden Computer?
Die Zukunft der Mobilität ist autonom – in diesem Punkt sind sich viele Verkehrsexpertinnen und -experten einig. Den Vorteilen selbstfahrender Autos stehen jedoch etliche Risiken gegenüber. Gelingt nämlich Hackern der Zugriff auf ein Fahrzeug, können sie viel Schaden anrichten.
Der Traum von selbstfahrenden Autos ist längst keine Utopie mehr. Autohersteller arbeiten an Fahrzeugen, die autonom – also ohne Fahrerin oder Fahrer und Eingriff von außen – unterwegs sind. Und auch wenn es noch viel Innovationsarbeit und noch mehr rechtliche Anpassungen brauchen wird, kann das Steuer vielfach bereits aus der Hand gegeben werden.
Die Autonomie-Skala der deutschen Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ist in Europa mittlerweile ein allgemein anerkannter Standard. Sie definiert fünf Stufen der Autonomie für Autos:
Stufe 1: Klassische Fahrerassistenzsysteme. Diese Autonomie-Stufe bezeichnet zum Beispiel die Elektronische Stabilitätskontrolle (ESP) oder das adaptive Kurvenlicht. Das Assistenzsystem greift kurzfristig ein, aber der Fahrer behält die volle Kontrolle und lässt die Hände am Lenkrad.
Stufe 2: Teilautomatisierung. Damit sind Systeme wie der Stauassistent (STA) gemeint, der bei niedrigen Geschwindigkeiten eingreift und die Fahrerin oder den Fahrer beim Halten des richtigen Sicherheitsabstands unterstützt. Auch hier behält die Fahrerin oder der Fahrer die volle Verantwortung.
Stufe 3: Hochautomatisierung. Fahrzeuge bewältigen bestimmte Fahraufgaben selbständig und ohne menschlichen Eingriff, die Fahrerin oder der Fahrer kann sich sogar vom Verkehr abwenden und muss das Assistenzsystem nicht mehr permanent überwachen. Die Kontrolle muss aber jederzeit rasch wieder übernommen werden können, wenn das System ein Problem erkennt und sich mit einem Signal meldet.
Stufe 4: Vollautomatisierung. In bestimmten Anwendungen, zum Beispiel Autobahnfahrten, muss die Fahrerin oder der Fahrer das System nicht mehr überwachen.
Stufe 5: Autonomes Fahren im engen Sinn. Das Fahrzeug übernimmt eigenständig alle Funktionen. Im Extremfall ist nicht einmal mehr ein Lenkrad an Bord. Der Mensch ist in diesem Szenario nur noch Passagier.
Derzeit konzentrieren sich die Bemühungen der Automobilhersteller auf Stufe 3. Hier gibt es bereits serienreife Systeme, die an der Schwelle zur Marktdurchdringung stehen. Die Stufen 4 und 5 sind jedoch außerhalb geschützter Testumgebungen noch Zukunftsmusik.
Diese Vorteile bringt autonomes Fahren
Das Hauptargument der Befürworter von autonomem Fahren ist die erhöhte Verkehrssicherheit. Studien beziffern den Anteil menschlichen Versagens als Unfallursache auf über 90 Prozent. Zu schnelles und rücksichtsloses Fahren, müde Lenkerinnen und Lenker und Alkohol am Steuer sind dabei die Hauptfaktoren. Solche Fehler würden von einem Computer gesteuerte Fahrzeuge nicht begehen. Theoretisch ließen sich demnach mit selbstfahrenden Autos gut 90 Prozent aller Verkehrsunfälle verhindern. Eine Studie der US-amerikanischen Non-Profit-Organisation IIHS (das Insurance Institute for Highway Safety wird von Autoversicherern finanziert) spricht jedoch von maximal einem Drittel verhinderbarer Autounfällen. Der Studie nach können Unfälle, die etwa durch Fehleinschätzungen der Geschwindigkeit anderer Verkehrsteilnehmer oder der Straßenverhältnisse, sowie durch fehlerhafte Ausweichmanöver beispielswiese bei Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern oder Fußgängerinnen und Fußgängern passieren, nur durch eine vorrausschauende Fahrweise ermöglicht werden.
Vorteile des autonomen Fahrens sind:
- Selbstfahrende Autos schenken körperlich eingeschränkten Menschen Mobilität, ohne dabei auf die Hilfe einer anderen Person angewiesen zu sein.
- Der Bordcomputer kann die kraftstoffsparendste Fahrweise errechnen und so den ökologischen Fußabdruck des Fahrzeugs auf ein Minimum reduzieren.
- Die Fahrt ins Büro kann in einem selbstfahrenden Fahrzeug stressfrei und zeitlich unabhängig gestaltet werden, weil man nicht mehr selbst am Lenkrad sitzt.
Hinweis
Ein hochkarätiges Industrie- und Wissenschaftskonsortium betreibt seit 2017 die österreichische Testregion für automatisiertes Fahren. Nähere Infos dazu finden Sie auf der Website von ALP.Lab.
Mit Sensorik zur Autonomie
Die wichtigste Funktion selbstfahrender Autos ist es, ihre Umgebung möglichst exakt zu erkennen und sich selbst darin orientieren zu können. Hierfür benötigen Sie eine Vielzahl an Sensoren:
- Radar: Eignet sich gut zur Abstandsmessung in alle Richtungen. Es gibt Radarsensoren für Entfernungen von etwa fünf bis über 200 Meter. Der Vorteil des Radars ist, dass es unempfindlich gegenüber Wettereinflüssen ist.
- LIDAR (Light Detection and Ranging): Entfernungsmessung mittels Lichtwellen. Die maximale Reichweite liegt bei mehr als 200 Metern. Nachteil: Bei Nebel oder Niederschlag ist das System kaum einsetzbar.
- Ultraschall: Wird für die Abstandsmessung im Nahbereich bis etwa fünf Meter eingesetzt.
- Kameras: Liefern bildbasierte Informationen über das Umfeld des selbstfahrenden Autos und können in Verbindung mit künstlicher Intelligenz (KI) für die Objekterkennung genutzt werden.
- Mobilfunk: Stellt die Verbindung zum Internet her – das 5G-Netz gilt durch die noch schnellere Vernetzung von Verkehrssystemen als die Grundlage des autonomen Fahrens.
- Navigationssystem: Dient der satellitenbasierten Navigation.
Die Daten all dieser Sensoren werden dezentral vorverarbeitet und anschließend über das Bordnetz an einen zentralen Steuerrechner gesendet. Dieser trifft dann auf Grundlage der Umgebungsdaten laufend Entscheidungen über Geschwindigkeit, Bremsverhalten, Kurvenradius und Fahrmanöver. Dabei gilt: Die Kombination mehrerer Sensoren erlaubt eine zuverlässigere Orientierung als sie ein Sensor allein bieten könnte.
In Zukunft sollen die Bordcomputer verschiedener selbstfahrender Autos außerdem miteinander kommunizieren. Der kontinuierliche Datenaustausch autonomer Fahrzeuge würde ein Maximum an Verkehrssicherheit gewährleisten, denn die technischen Geräte können Verkehrssituationen besser einschätzen und das Fahrverhalten anderer prognostizieren. Auch können Unfälle, die durch menschliches Versagen entstehen, minimiert werden.
Die Schwachstellen selbstfahrender Autos
Autonome Fahrzeuge sind im Grunde hochspezialisierte Computersysteme auf vier Rädern. Wie jedes Computersystem sind sie somit gefährdet, Ziel von Hackerangriffen zu werden.
Die ständige Zunahme an Elektronik innerhalb der Kraftwägen macht bereits herkömmliche Autos zu beliebten Angriffszielen. Durch ihren hohen Grad an Vernetzung bieten selbstfahrende Autos zudem gleich mehrere Einfallstore: Da wären etwa die Sensoren und die Kommunikationsnetze, die intern mit zentralen Recheneinheiten kommunizieren. Eine weitere Gefahrenquelle sind Kommunikationsschnittstellen zu externen Netzwerken, zum Beispiel Diagnosenetzwerken in der Werkstatt oder dem Internet. Auch der Zugang zum Fahrzeug über klassische Funkschlüssel, so genannte „Keyless“-Schlüssel oder RFID-Karten stellt eine Gefahrenquelle dar, denn mit dem nötigen Fachwissen lassen diese sich duplizieren. Den Hackern sind dabei nur wenige Grenzen gesetzt: 2016 machten zwei Sicherheitsforscher auf sich aufmerksam, als sie die Kontrolle über einen Jeep Cherokee übernahmen, während das Fahrzeug mit 112 km/h unterwegs war. Via WLAN drangen sie in das Entertainmentsystem des Fahrzeugs ein und hatten Zugriff auf Lenkung, Gaspedal und Bremse. Um den Hackerangriff durchzuführen, mussten die Männer mit ihren Laptops jedoch im Wagen sitzen. Mit der Aktion wollten die Forscher darauf hinweisen, dass Autohersteller mit den neuesten Entwicklungen Schritt halten und Sicherheitsupdates anbieten müssen.
Mögliche Folgen eines Hackerangriffes
Sollte es Cyberkriminellen gelingen, Zugriff auf die Steuerung des Fahrzeugs zu erlangen, steht ihnen eine Vielfalt an kriminellen Handlungen zur Auswahl:
- Diebstahl: Selbstfahrende Autos sind hochpreisige Produkte und entsprechend begehrt am Schwarzmarkt.
- „Entführung“: Hacker könnten das Auto an einen versteckten Ort fahren lassen und Lösegeld vom Besitzer erpressen.
- Terroristische Anschläge: Ein von Kriminellen gekapertes Auto kann überall hineinrasen – auch in Tankstellen, Geschäfte oder Menschengruppen.
- Wirtschaftlicher Schaden: Mit einer Flotte gekaperter Autos ließen sich ganze Bereiche großer Städte lahmlegen, indem man sie die Straßen blockieren lässt. Auf der Autobahn reichen dafür sogar schon wenige Autos.
- Datenklau: Das interne Navigationssystem speichert gefahrene Wege ab. Aus diesen Daten kann man viel über das Verhalten des Benutzers herausfinden – unter anderem, wann er nicht zu Hause ist.
- Funkverkehr abhören: Unverschlüsselter Funkverkehr kann im Klartext aufgezeichnet und ausgelesen werden.
- Schadsoftware einschleusen: Das kann über Funk oder ein kabelgebundenes Netzwerk passieren, aber auch mittels USB-Stick. Dazu benötigt der Angreifer nur einen unbeobachteten Moment im Auto des Opfers.
- Sabotage: Bremsen können deaktiviert, Fußgängererkennung ausgeschaltet und Abstandssensoren manipuliert werden.
- Überwachung: Wer Zugriff auf die Fahrzeugkameras hat, kann damit die Fahrzeugumgebung ausspionieren.
Sicherheit im fahrerlosen Auto schaffen
Für Nutzerinnen und Nutzer von fahrerlosen Autos sind in erster Linie die üblichen Sicherheitsvorkehrungen zu beachten, die in jedem IT-Umfeld gelten. Dazu gehören etwa das Einspielen von Updates sowie die Wahl von sicheren Passwörtern.
Generell sind aber vor allem die Hersteller gefragt, sichere Systeme auf den Markt zu bringen, die hohen Sicherheitsstandards folgen:
- Jede Kommunikation, selbst auf Ebene der Sensoren, muss verschlüsselt werden.
- Die Kommunikationsnetze im Fahrzeug müssen state-of-the-art geschützt werden, etwa durch eine Firewall.
- Es braucht Plausibilitätschecks, um verdächtige Sensordaten zu entdecken
- Außerdem ist ein intelligenter Diebstahlschutz gefragt.
- Große Hoffnung setzt die Industrie auf eine Technik namens FDIR (Fault Detection, Isolation, and Recovery). Hinter der Bezeichnung versteckt sich eine Software, die Manipulationen erkennt.
Hinweis
Nähere Infos dazu, wie Sie intelligente Fahrzeuge sicher nutzen und das Risiko eines Hackerangriffes minimieren, finden Sie in unserem Beitrag „IT-Sicherheitsaspekte intelligenter Fahrzeuge“.
Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria