TikTok auf dem Prüfstand: Die Risiken im Überblick
Beeinflussung durch die chinesische Staatsführung, Cybermobbing und Cybergrooming auf der Plattform oder mangelnder Datenschutz: Die App TikTok steht immer wieder in der Kritik. Welche Gefahren es gibt und wie man ihnen vorbeugen kann, lesen Sie hier.
TikTok ist als Plattform für allerlei kurze, hochformatige Videos bekannt. In diesem Bereich gibt sie gegenüber dem Social-Media-Marktführer Meta sogar den Ton an. Das liegt unter anderem daran, dass die App bereits bei ihrer Markteinführung künstliche Intelligenz in ihrem Algorithmus verankert hat. So werden die ausgespielten TikTok-Videos auf Basis von Metadaten (Videobeschreibung, Hashtags, Sounds und Songs) permanent an das jeweilige Nutzungsverhalten angepasst. Das App-Design sorgt dafür, dass Nutzerinnen und Nutzer mit einer unendlichen Flut von Clips versorgt werden, die ihnen gefallen könnten – das nächste Video ist nur ein Swipe weit weg.
Je länger die App auf dem westlichen Markt ist, desto lauter wird vielerorts der Protest gegen bestimmte Praktiken der Betreiber. Doch welche Risiken bestehen bei der Nutzung von TikTok nun wirklich und wer ist davon betroffen?
Wer ist die Zielgruppe für TikTok-Videos?
Die App wird hauptsächlich von jungen Menschen genutzt, hat sich aber auch bereits in anderen Altersgruppen verbreitet. Generell ist die Beliebtheit von TikTok aufgrund der Einführung neuer Social-Media-Apps wie etwa BeReal sowie einigen Kritikwellen eher rückläufig.
Welche Inhalte finden sich auf TikTok?
Die App ist mittlerweile nicht mehr nur eine Plattform für spielerische Video-Inhalte, sie dient auch als Suchmaschine für Tutorials und Erklärvideos. Ebenfalls zum Repertoire gehört die Vermarktung von Produkten oder Leistungen über sogenannte Hashtag-Challenges. Hierfür wird ein wiedererkennbares Hashtag erstellt, das für Reaktionen auf Inhalte in einem Video verwendet werden kann. Solche Antworten werden als „TikTok-Duett“ (neben einem anderen TikTok-Video) oder als „Stitch“ (im Anschluss an ein anderes TikTok-Video) gezeigt. Auf diese Weise können bestehende Videos von anderen Userinnen und Usern weiterverarbeitet und durch das Hashtag einem bestimmten Thema zugeordnet werden.
Welche Risiken gibt es auf TikTok?
- Jugendschutz
TikTok gibt für die Nutzung ein Mindestalter von 13 Jahren vor. Die Altersprüfung erfolgt einmalig beim Erstellen des Profils, dazu ist jedoch kein Altersnachweis notwendig. Durch das Sperren gewisser Features (zum Beispiel Live-Videos oder Direktnachrichten) und einer Anpassung der Werbeschaltungen will die App ein altersangemessenes Nutzungserlebnis bieten. Allerdings kann diese Funktion von Kindern durch die Angabe eines falschen Geburtsdatums einfach umgangen werden. Zudem gibt es den „begleiteten Modus“, in dem Eltern Sicherheitsvorkehrungen, wie zum Beispiel die Einschränkung der Nutzungszeit, für ihre Kinder treffen können. - Cybermobbing
Am weitesten verbreitet ist Cybermobbing auf TikTok in Kommentaren und bei Chats im Livestream. Außerdem werden auf sogenannten Haterpages Videos veröffentlicht, die andere Personen gezielt herabwürdigen. Zwar gibt es die Möglichkeit, eigene Videos zu löschen, damit sie nicht mehr für ein Duett oder einen Stitch verwendet werden können. Falls ein Video aber schon von anderen heruntergeladen wurde, ist es nahezu unmöglich, seine Verbreitung zu stoppen. Gemeldete Inhalte werden von TikTok nur mit Verzögerung oder gar nicht gelöscht. Kurioserweise betreibt die Plattform – unter dem Vorwand, ebendieses verhindern zu wollen – ihrerseits Cybermobbing. Für Videos zu LGBTQ-Themen sowie solche, die Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Übergewicht zeigen, wird die Ausspielung im Algorithmus auf eine gewisse Anzahl beschränkt. - Cybergrooming
Der Wunsch nach größtmöglicher Sichtbarkeit der eigenen Inhalte führt dazu, dass öffentliche Profile ungeschützt bleiben. So erhalten fremde Personen Einblicke in das Privatleben sowie persönliche Daten. Auch Links zu anderen sozialen Medien, um die eigene Reichweite crossmedial zu fördern, erhöhen das Risiko sexueller Belästigung oder einer Anbahnung von Missbrauchshandlungen. Nachdem TikTok einige Sicherheitseinstellungen angepasst hat, haben sich sexuelle Belästigungen von den Video-Kommentaren in die Livestream-Chats verlagert. - Hashtags mit gefährdenden Inhalten
Die Möglichkeit, nach bestimmten Hashtags zu suchen und ihnen zu folgen, macht es einfacher, interessante Inhalte zu finden. Allerdings verbirgt sich hinter vermeintlich harmlosen Hashtags wie zum Beispiel „#dontgooglethis“ mitunter bedenklicher Content. Solche Hashtags wecken erst die Neugier und führen dann häufig zu Inhalten, die für Minderjährige keineswegs geeignet sind. Auch zweifelhafte Hashtag-Challenges, die teilweise lebensgefährlich sind, finden so leichter Verbreitung. - Hashtags zu politischen Themen
TikTok wird zunehmend auch für die Verbreitung politischer Botschaften genutzt. Bedenklich ist dabei, dass Inhalte oft stark verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt werden. Durch den Algorithmus können Nutzerinnen und Nutzer unbewusst in eine Filterblase geraten. - Datenschutz
Die aus China stammende App bekommt durch das Nutzungsverhalten sowie die Auswertung der für den Algorithmus gesammelten Daten einen guten Einblick in die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer. Nach einer Reihe von Datenmissbrauchsvorwürfen, die TikTok teilweise bestätigt hat, wird in etlichen Ländern über ein Verbot der App – zumindest auf Diensthandys von öffentlich Bediensteten – diskutiert. Österreich hat – wie auch einige andere Staaten und die Europäische Kommission – ein derartiges Verbot bereits angekündigt. Außerdem werden die Sicherheitsstandards und die Vertrauenswürdigkeit der App von einigen Staaten geprüft. - Urheberrecht an TikTok-Songs und dem eigenen Bild
Ein wichtiges Element von TikTok-Videos sind die verwendeten Sounds. Für diese hat die Plattform Nutzungslizenzen mit den Urheberinnen und Urhebern ausgehandelt. Nutzerinnen und Nutzer, die ihre TikTok-Inhalte in anderen sozialen Medien posten, müssen also darauf achten, ob sie zu einer solchen Verwendung überhaupt berechtigt sind. Bei Fehlen einer entsprechenden Berechtigung kann es zu Abmahnungen kommen.
Außerdem hat jede Person ein Recht am eigenen Bild. Wer in einem von Dritten erstellten Video deutlich erkennbar ist, ohne in die Veröffentlichung eingewilligt zu haben, hat Ansprüche auf Löschung, Herausgabe, Unterlassung und Schadenersatz, die gerichtlich durchsetzbar sind. - In-App-Kauf
Es gibt die Möglichkeit, Videoproduzentinnen und -produzenten (sogenannte Creators) mittels Zuwendung virtueller Münzen zu unterstützen oder auf sich aufmerksam zu machen. Solche Münzen werden innerhalb der App mit Echtgeld erworben. Da die Altersverifikation von TikTok nicht ausreichend geprüft wird, kann dies zu einer Kostenfalle für Eltern werden.
Hinweis
Erziehungsberechtigte finden zusätzliche Informationen auch im Beitrag „Sichere Nutzung von TikTok: Ein Guide für Eltern“.
Tipps für die TikTok-Nutzung mit wenig Risiko
TikTok hat ein eigenes Sicherheitszentrum, das auf Risiken und Gefahren hinweist und Möglichkeiten zum Handeln aufzeigt. Gerade für Eltern ist das eine große Hilfe, um sich mit der App vertraut zu machen. So können sie mit ihren Kindern Risiken besprechen und gemeinsame Regeln definieren. Außerdem hilft der „begleitete Modus“ dabei, Benutzerkonten von Kindern zu schützen. Diese sollten stets auf „privat“ gestellt sein, damit nur der Freundeskreis Zugriff auf die geposteten Inhalte hat. Das verringert zudem das Risiko von Cybermobbing beziehungsweise Cybergrooming.
Beim Aufsetzen des Profils sollten Sie möglichst wenige persönliche Daten zur Verfügung stellen. Nutzen Sie etwa eine alternative E-Mail-Adresse. Auch die Angabe des wahren Geburtsdatums oder des Klarnamens ist für die Registrierung nicht erforderlich.
Beim Posten von Videos ist darauf zu achten, dass nicht zu viel von Ihrer Umgebung preisgegeben wird; nutzen Sie außerdem die von TikTok zur Verfügung gestellten Datenschutzoptionen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.
Passen Sie auf, was für Videos Sie sich anschauen. Gerade wenn politische Botschaften darin vorkommen oder gefährliche Inhalte sichtbar werden, ist es wichtig, sie im Gespräch mit anderen oder durch eigene Recherche zum jeweiligen Thema in den richtigen Kontext zu setzen. Nutzen Sie die Möglichkeit, politisch und rechtlich bedenkliche Themen zu melden, damit TikTok diese Inhalte prüfen und gegebenenfalls löschen kann.
Hinweis
Welche allgemeinen Risiken Social-Media-Plattformen für Jugendliche bergen und was Eltern sonst noch wissen sollten, lesen Sie im Interview „TikTok, Instagram & Co: Die Risiken sozialer Netzwerke im Fokus“.
Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria