Telegram und Co: So schützen Sie sich vor Fake News

Über soziale Medien wie Telegram verbreiten sich Falschinformationen rasend schnell. Woran das liegt und wie Sie Fake-News-Bubbles entkommen. 

Eine Frau sieht verstört auf das Smartphone in ihrer Hand.
  Foto: Colorbox

Sie tragen reißerische Titel, stellen irreführende Behauptungen auf und untermauern diese mit gefälschten Bildern: Falschmeldungen sind oft so geschickt aufbereitet, dass sie auf den ersten Blick glaubwürdig erscheinen. Und doch sind sie alles andere als harmlos: Gezielt gestreute Desinformation untergräbt nicht nur das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Medien, Wissenschaft und staatliche Institutionen. Vor Wahlen oder in Zusammenhang mit Kriegen schürt sie auch Ängste und verstärkt Vorurteile. Die sozialen Medien spielen bei der Verbreitung von Fake News eine Schlüsselrolle.

Telegram Boom in der Pandemie

Besonders auf Telegram ist Vorsicht geboten. Die in Russland entwickelte Plattform erlebte während der Covid-19-Pandemie auch in Österreich einen wahren Boom. Maßnahmengegnerinnen und -gegner vernetzten sich und verbreiteten Falschinformationen und Verschwörungsmythen. Das digitale Ökosystem, das während der Pandemie entstanden ist, besteht bis heute und wird rege genutzt: Der Fokus liegt nun auf anderen Themen, wie dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, dem menschlichen Einfluss auf den Klimawandel oder Migration und Asyl in Österreich, wie erst kürzlich ein Bericht der Bundesstelle für Sektenfragen zeigte. Geteilte Inhalte richten sich häufig gegen Minderheiten, etablierte Medien und politische Institutionen.

Warum ist Telegram so beliebt?

Auf Telegram finden diverse Interessengruppen einen regelfreien Raum vor, in dem sie anonym und unkontrolliert kommunizieren können. Kein anderes Portal dieser Größe verzichtet so konsequent auf die Moderation von Inhalten und auf Faktenchecks – laut eigener Darstellung zugunsten der Redefreiheit. Außerdem bietet Telegram, wie andere Messenger-Dienste, die Möglichkeit eines multimedialen Austauschs (Fotos, Videos, Textnachrichten) sowie einen niederschwelligen Zugang, für die Anmeldung muss lediglich eine Telefonnummer angegeben werden.

Telegram: Defizite bei Sicherheit und Datenschutz

Wer die App nutzt, nimmt allerdings auch einige Nachteile in Kauf – etwa in puncto Sicherheit. Zwar ist die Übertragung von Endgerät zum Cloud-Server standardmäßig verschlüsselt, nicht jedoch Ihre Chats. Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung muss für jeden Chat einzeln eingerichtet werden. Wer die Einstellungen nicht anpasst, macht es Hackerinnen und Hackern leicht, über den Quellcode mitzulesen. Zudem greift die App auf Metadaten und das Telefonbuch der Nutzerinnen und Nutzer zu. So kann Telegram Bewegungsprofile speichern und nachvollziehen, wann und wo Geräte online waren.

Gegenwind aus der Politik

Mit dem Digital Services Act (DSA) hält die EU dem Fake-News-Problem in sozialen Medien ein neues Gesetz entgegen, dessen Implementierung über das „DSA-Begleitgesetz“ (Regelungen auf nationaler Ebene) auch in Österreich sichergestellt wird. Insbesondere Onlineplattformen mit einer Nutzerzahl von mindestens 45 Millionen in der EU werden mit strengen Auflagen belegt. Sie müssen gegenüber der Europäischen Kommission darlegen, wie sie die Verbreitung von illegalen Inhalten über ihre Dienste vermeiden. Eine eigene Abteilung der Kommission prüft, ob die Anstrengungen ausreichend sind. Es drohen Bußgelder von bis zu sechs Prozent des jährlichen Konzernumsatzes.

Hinweis

Das DSA-Begleitgesetz, das größtenteils am 17. Februar 2024 in Kraft trat, regelt, welche Behörden und Gerichte in Österreich an der Überwachung und Regulierung grenzüberschreitender Online-Dienste beteiligt sind. Es wurde damit zudem die KommAustria als Kontrollorgan eingerichtet, die die Einhaltung des DSA für Vermittlungsdienste mit Sitz in Österreich überwacht.

Die EU tritt auch mit neuen Leitlinien tritt gegen Desinformation auf. Nähere Infos dazu finden Sie in unserem Artikel Kampf gegen Desinformation: EU verlangt Maßnahmen von Online-Riesen.

Die Verbreitung von Fake News auf X

Telegram sieht sich bis dato nicht in der Pflicht, da die Nutzerzahl in der EU nach eigenen Angaben noch unter 45 Millionen liegt. Sehr wohl betroffen ist die Social-Media-Plattform X (vormals Twitter), die immer wieder in der Kritik steht, nicht entschieden genug gegen Falschinformationen und Hassrede vorzugehen. So lockerte die Plattform, angeblich im Sinne der Meinungsfreiheit, die Regeln für die Moderation von Inhalten, was den Anteil von Falschinformationen und Fake News deutlich ansteigen ließ. Erst vor wenigen Wochen hatte der hauseigene Chatbot Grok beispielsweise eine Falschmeldung verbreitet, wonach der Iran einen Raketenangriff auf Israel gestartet habe. Die EU hat aus einem ähnlichen Anlass bereits im Dezember 2023 ein Verfahren gegen X eröffnet, das noch läuft.

Wie entstehen Filter-Bubbles (Informationsblasen)?

Dass manche Menschen häufiger mit Falschinformationen in Kontakt kommen als andere, liegt auch an sogenannten Filterblasen: In sozialen Netzwerken bestimmen Algorithmen, was für Themen angezeigt werden. Inhalte, die Freundinnen und Freunde gelikt oder kommentiert haben, scheinen oft im Feed auf, wohingegen häufig ignorierte Inhalte mit der Zeit nicht mehr angezeigt werden. Filterblasen entstehen also durch den Versuch der Plattformbetreiber, News-Feeds oder Suchergebnisse zu personalisieren: Uns werden durch Algorithmen ausgewählte Themen angezeigt, die uns gefallen könnten und unsere zuvor registrierten Interessen bestätigen oder ihnen ähneln.

Infografik: Wie werden vermutete Fake-News-Inhalte in Österreich überprüft?
Foto: CAA

Tipp

So vermeiden und entkommen Sie Filterblasen:

  • Anderen Inhalten folgen: Gerade in sozialen Netzwerken ist es wichtig, auch Inhalten und Personen zu folgen, mit denen man sich sonst kaum beschäftigt. Suchen Sie auch auf Google gezielt nach Gegenpositionen zu inhaltlichen Standpunkten Ihrer Informationsblase (Filterblase, Social-Media-Bubble).
  • Alternative Suchmaschinen wie Duckduckgo ermöglichen es ganz ohne Personalisierung, Informationen im Internet zu suchen. Auch Add-ons wie Ghostery sind zu empfehlen, sie unterbinden das Tracking durch Facebook oder Google.
  • Verwenden Sie die Inkognito-Einstellung Ihres Browsers (meist als „privates“ Surfen bezeichnet).
  • Melden Sie sich von Ihrem Google-Konto ab, wenn Sie es nicht verwenden. 
  • Hinterfragen Sie Informationen und überprüfen Sie fragwürdige Inhalte.
  • Mehrere Medien nutzen. Konsumieren Sie vielfältige Kanäle – nicht nur im digitalen Raum, sondern auch in Print, TV oder Radio – und vertrauen Sie nicht allein auf eine Quelle.

Fake-News-Blasen: Beim Ausstieg helfen

Wenn Freundinnen und Freunde oder Verwandte Falschmeldungen teilen, sollten Sie das Gespräch suchen. Manchen Nutzerinnen und Nutzern ist gar nicht bewusst, dass sie Fake News verbreiten. Entkräften Sie Falschmeldungen, indem Sie diese mit Fakten richtigstellen. Informieren Sie die Person auch über die weitreichenden Folgen der Verbreitung von Fake News, etwa wenn diesen politische Motive zugrunde liegen und mit ihnen demokratische Wahlen beeinflusst werden sollen. Auch eine Diskussion darüber, wie Falschmeldungen entlarvt werden können, kann hilfreich sein. Wichtig ist, immer respektvoll und konstruktiv zu bleiben. Das hilft eher, zu deeskalieren, denn mit Konfrontation erreicht man häufig das Gegenteil.

Hinweis

Wie Sie Falschinformationen auf die Schliche kommen, können Sie auch  im Artikel „Fake News: Wie kann Desinformation in sozialen Netzwerken entlarvt werden?“ nachlesen. Lesen Sie weitere Beiträge zu dem Thema im Schwerpunkt „Desinformation“.

Letzte Aktualisierung: 10. Mai 2024

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria