Schönheitsideale im Internet – was steckt hinter den Filtern auf Social Media

Soziale Medien vermitteln durch Bildbearbeitungsprogramme und Face-Filter ein verzerrtes Bild von Schönheitsidealen. Häufig resultieren daraus gesundheitliche Probleme und Selbstzweifel bei ihren Nutzerinnen und Nutzern.

Frau sitzt traurig auf Treppe
Schönheitsideale im Netz.  Foto: Adobe Stock

Wenngleich Schönheit im Auge des Betrachters liegt, haben soziale Medien und zahlreiche Möglichkeiten der Bildbearbeitung einen maßgeblichen Einfluss auf das, was von der Gesellschaft als Schönheitsideal angesehen wird. Vorbildern beim Aussehen und bei ihrer Lebensweise nachzueifern ist allerdings kein neues Phänomen, das erst mit dem Aufkommen von Social Media entstand. „Dieser Einfluss besteht seit vielen Generationen - seitdem es massenhaft Darstellungen von Menschen gibt, die in Wirklichkeit bearbeitet sind und nicht realitätsnah dargestellt werden“, erklärt Barbara Buchegger, Mitarbeiterin des Saferinternet.at-Kernteams. Bevor soziale Netzwerke immer beliebter wurden, bezog sich dies auf Filmplakate, Darstellungen von Schauspielerinnen und Schauspielern oder Popstars, weiß die pädagogische Leiterin der österreichischen Initiative zum verantwortungsvollen Umgang mit sozialen Medien. „Ich glaube nicht, dass sich das heutzutage in der Qualität stark geändert hat, aber in der Quantität“, so Buchegger.

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Ab 8. Februar widmet sich der Safer Internet Day dem sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit dem Internet.

Gefiltert durch die Medien

Tatsächlich sind soziale Medien voll mit Bildern von Frauen und Männern mit makellosen Körpern und bildschönen Gesichtern ohne jegliche Unebenheiten. Eine weichgezeichnete Haut, große Augen mit geschwungenen Wimpern, weiße Zähne und volle Lippen – viele Fotos, die von Influencerinnen und Influencern auf Instagram, Snapchat und Co. geteilt werden, sind jedoch häufig weiter weg von der Realität, als manch einer glauben würde.

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Was genau unter sozialen Netzwerken zu verstehen ist, wird im Beitrag „Facebook, Twitter und Co.“ erklärt. Welche Social Media-Plattformen bei Jugendlichen derzeit am beliebtesten sind und wie häufig sie genutzt werden, verrät der jährlich erhobene Jugend-Internet-Monitor von Saferinternet.at.

Mit einigen Kenntnissen in der Photoshop-Bildbearbeitung ist schnell das ein oder andere Kilo weggezaubert, sind vermeintliche Schönheitsfehler korrigiert und persönliche „Problemzonen“ ausgemerzt. Doch auch wer das Programm nicht beherrscht, kann sich einer Bandbreite an Schönheitsfiltern bedienen. Und die finden sich heute beinahe überall. Soziale Medien – allen voran Instagram und Snapchat – kommen nicht mehr ohne sie aus, aber auch jede Smartphone-Kamera hat mittlerweile vorgefertigte Einstellungen, mit deren Hilfe aus jedem Bild in nur wenigen Klicks eine nachgebesserte Version des Fotomotivs wird. Daneben existiert eine Vielzahl an kostenlosen sowie kostenpflichtigen Bearbeitungs-Apps, und selbst die mobile Photoshop-Software erleichtert die Retusche bereits mit einem Angebot an filterähnlichen Werkzeugen. „Durch die Bearbeitung wird eine Verstärkung der traditionellen Rollenbilder transportiert. Auffällig ist bei Snapchat-Filtern auch, dass die Haut damit nicht nur sehr viel schöner gemacht, sondern auch aufgehellt wird. Das ist auch eine problematische Tatsache in Bezug auf die Hautfarbe“, ergänzt die Saferinternet-Mitarbeiterin Barbara Buchegger. Helle Haut erhält im Gegensatz dazu oft einen dunkleren Teint und Merkmale verschiedener Ethnien fallen diversen Anpassungen zum Opfer – bearbeitete Gesichter verlieren so nicht nur ihre Natürlichkeit, sondern auch ihre herkunftsspezifischen Unterschiede, ihre Individualität und Diversität. Dieses Social Media-Phänomen hat mittlerweile sogar einen Namen: „Instagram Face“. Vereinfacht bedeutet es, dass aufgrund der Schönheitsfilter langsam alle Influencerinnen und Influencer, Stars und andere Nutzerinnen und Nutzer auf Social Media ähnlich aussehen.

Dennoch: Eine der beliebtesten dieser Apps war das 2013 auf den Mark gekommene FaceTune, das mit rasender Geschwindigkeit auf Platz 1 der App-Charts kletterte. Mit seiner damals noch eher komplizierten Bildbearbeitungssoftware ebnete es den Beginn der retuschierten Fotos in den sozialen Medien. Über die Jahre wurden die Werkzeuge verbessert und vereinfacht.

Und der Trend zur Bildbearbeitung ging noch weiter: Die 2015 gegründete Plattform Snapchat punktete besonders durch seine Augmented Reality (AR)-Filter, die Nutzerinnen oder Nutzer etwa als Baby, als eine Person des anderen Geschlechts oder in hohem Alter zeigten. „Es ist ein Teil der Identitätssuche von Jugendlichen, sich auszuprobieren. Wie schaue ich anders aus? Wer bin ich eigentlich? Wo will ich mich hin entwickeln? Wie verorte ich mich selbst in der Gesellschaft? Angesichts dieser Fragen sind solche Filter ein hilfreicher Bestandteil“, meint Buchegger.

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Bereits Kleinkinder nutzen laut Studie das Internet. Wie Sie Ihre Kinder im Internet schützen können, erfahren Sie im Beitrag „Top 10 IT-Sicherheitstipps zum Schutz von Kindern im Netz“.

Heutzutage ist kaum ein Foto, das auf Instagram landet, zu hundert Prozent unbearbeitet. Die Studie „#StatusOfMind“ der Royal Society für Public Health, einer britischen Wohltätigkeitsorganisation, ergab, dass sich Instagram am negativsten auf die psychische Gesundheit junger Menschen auswirkt, gefolgt von Snapchat.

Gefahren von Schönheitsfiltern

Obwohl es für den Großteil der Social Media-Userinnen und -User laut Buchegger mehr oder weniger zum „Common Knowledge“ (deutsch: Allgemeinwissen) gehört, dass die meisten der Bilder aufwändig retuschiert wurden, versuchen viele Nutzerinnen und Nutzer gleich welchen Alters ihr Aussehen an das ihres Idols oder Vorbildes anzupassen – häufig mit gesundheitlichen Folgen. „Die bearbeiteten Bilder machen trotzdem einen Eindruck auf das Befinden. Und in dem Zusammenhang spielen psychologische Faktoren eine große Rolle. Wenn Nutzerinnen oder Nutzer sich im Moment in einer Situation befinden, in der sie sich verunsichert fühlen, wenig Perspektiven haben, oder das Gefühl haben, allen anderen würde es besser gehen als ihnen selbst, dann verstärken solche Bilder die Gefühle weiter“, erklärt die Pädagogin. Im Jahr 2018 wurde von Forscherinnen und Forschern der Boston University School of Medicine im Zusammenhang mit Social Media-bedingten Selbstzweifeln eine neue Krankheit beschrieben. „Snapchat-Dysmorphia“ kann durch das ständige Bearbeiten von Selfies nach dem Vorbild der auf Social Media präsenten Schönheitsidealen entstehen. Die Folge davon sind Depressionen, sozialer Rückzug oder sogar Suizidgedanken.

Im Jahr 2019 verbannte Instagram deshalb alle AR-Filter, die an Schönheitsoperationen erinnern, um zu verhindern, dass Nutzerinnen und Nutzer Probleme mit ihrem eigenen Aussehen entwickeln. Denn durch die hauseigene App „Spark AR“ der Meta Platforms Inc., mit der Instagrammer eigene Filter für die Plattform erstellen können, entstanden plötzlich Schönheitsfilter wie „Fix me“: dieser malte Markierungen eines chirurgischen Eingriffs ins Gesicht. Alle anderen Schönheitsfilter, die klassische Instagram Faces hervorbringen, können allerdings auch weiterhin verwendet werden.

Strategien gegen Selbstzweifel

Um durch die Sozialen Medien nicht in Selbstzweifeln zu verfallen, ist die Reflexion besonders wichtig, weiß Barbara Buchegger. „Accounts, die zu innerem Stress führen, weil man selbst nicht dem dargestellten Schönheitsideal entspricht, sollten Userinnen und User entfolgen“, so die Saferinternet-Expertin. Stattdessen empfiehlt sie, andere Accounts zu suchen, die ähnliche Themen zum Inhalt haben, aber keinen inneren Stress und Selbstzweifel auslösen. Auch Eltern rät sie, gemeinsam mit Kindern oder Jugendlichen Bilder und Accounts kritisch zu betrachten und zu reflektieren. Das Verbergen der Zahl an „Gefällt mir“-Angaben auf Social Media (etwa auf Instagram) kann zusätzlich den Druck nehmen, allen Social Media-Nutzerinnen und -Nutzern gefallen zu müssen. Um diese Einstellung vorzunehmen, klicken Sie in Ihrem Instagram-Profil auf „Einstellungen“, wählen die Kategorie „Privatsphäre“ und öffnen unter „Interaktionen“ den Punkt „Beiträge“. Hier können Sie den Schalter bei „Anzahl der ‘Gefällt mir‘-Angaben und Aufrufe verbergen“ aktivieren. „Diese Einstellungsoption haben viele Jugendliche zum Selbstschutz angenommen – damit das Benchmarking (deutsch: Vergleichsmaßstab) wegfällt. Ich habe den Eindruck, dass das schon etwas gebracht hat. Bei Filtern ist aber einfach dieser Spieltrieb zu groß, denke ich“, meint Buchegger.

Im Rahmen von Saferinternet.at geben die Expertinnen und Experten neben dem Nachdenken über das eigene Fühlen und Handeln rund um Social Media auch diese Empfehlungen:

  • Die Nutzung von Filtern reduzieren oder ganz wegzulassen. Die #nofilter-Community wächst stetig. Die Angst davor, keine Likes auf unbearbeitete Fotos zu bekommen, ist daher unbegründet.
  • Aktiv werden! Fallen Face-Filter besonders negativ auf, versuchen Sie auch von sich aus Ihre Followerinnen und Follower mit den Problemen dahinter zu konfrontieren. Sie werden sehen, dass Sie nicht allein mit Ihrer Meinung stehen.

Viele Influencerinnen und Influencer haben es sich bereits zur Aufgabe gemacht, die übertriebenen Schönheitsideale auf sozialen Medien unter dem Titel „Instagram vs. Reality“ ins rechte Licht zu rücken. Unnatürliche Modelfotos und -videos werden parodiert, Prominente und ihre Photoshop-Tricks enttarnt oder die Monotonie der Plattform veranschaulicht. Und immer häufiger stellen gerade jene Influencerinnen und Influencer, die zuvor Teil der Social Media-Scheinwelt waren, nicht nur unbearbeitete Fotos online, sondern auch solche, die scheinbar misslungen sind. Ziel davon ist zu verdeutlichen, dass niemand permanent perfekt aussieht.

Es schadet also nicht, sich öfter mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen anstatt mit Filter-verzerrten Wunschvorstellungen. Nicht alles an Influencerinnen und Influencer ist so überdurchschnittlich, wie es über soziale Netzwerke möglicherweise scheinen mag.

Hinweis

Weitere Tipps für den Umgang mit Schönheitsfiltern auf Social Media lesen Sie auf der Website von saferinternet.at.

Letzte Aktualisierung: 14. Februar 2022

Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria