Promis als Lockvögel: Werbung für betrügerische Investmentplattformen erreicht täglich 200.000 Österreicher/innen
Glaubt man den Werbeanzeigen auf Social Media, beenden seit Monaten zahlreiche österreichische Prominente ihre Karriere. Oder auch nicht. Denn die Prominenten werden als Lockvögel missbraucht, um betrügerische Investmentplattformen zu bewerben.
Verunsicherte Konsument/innen melden uns regelmäßig betrügerische Werbeanzeigen, in denen – so scheint es – österreichische Promis für Investmentplattformen werben. Wer dort investiert, verliert Geld. Der finanzielle Schaden durch diese Betrugsmasche ist enorm. Eine Recherche der Watchlist Internet zeigt nun, dass solche betrügerischen Inserate allein auf Facebook und Instagram täglich rund 200.000 Menschen in Österreich erreichen.
Die Untersuchung legt den Fokus auf Meta-Dienste. Doch betrügerische Werbung in diesem Stil findet sich genauso auf anderen Plattformen, zum Beispiel auf YouTube oder auf der Startseite von Microsoft Edge.
246 Werbeanzeigen in 2 Tagen
Die Forscherinnen suchten an zwei Tagen nach den Namen von sieben österreichischen Prominenten in der Meta-Werbebibliothek und konnten insgesamt 246 betrügerische Inserate ausfindig machen. Rund 200.000 Personen wurden so pro Tag auf Instagram und Facebook erreicht.
Die meisten Anzeigen nutzten Bilder und Namen der Puls4-Moderatorin Barbara Fleißner (125), gefolgt von Ex-Politiker und oe24-Kommentator Gerald Grosz (76). In puncto Reichweite liegt allerdings Gerald Grosz (141.636 in 2 Tagen) vorne, gefolgt von der ZIB-Moderatorin Nadja Bernhard, die mit nur 8 Anzeigen 116.161 Personen erreichte.
9.000 Werbenzeigen seit Jahresbeginn
Dass es sich dabei nicht um besonders aktive Tage der Scammer handelt, sondern um die Normalität, zeigt ein Blick auf den Zeitraum von Jänner bis April 2024. Gefunden wurden 9.000 Anzeigen mit Impressionen in diesem Zeitraum, die 25 verschiedene österreichische Promis als Werbeträger für betrügerische Investmentplattformen nutzen. Dabei zeigt sich, dass die Kriminellen nicht nur auf einige wenige Promi setzen. Vielmehr konnte bei der Recherche ein Austesten der Wirksamkeit der Werbung mit unterschiedlichen Stars beobachtet werden.
Kriminelle setzen auf Emotionen und Clickbaiting
Ähnlich wie die Auswahl der Promis selbst, variieren auch die Strategien, mit denen die Opfer getäuscht und geködert werden. Beobachtete die Watchlist Internet vor allem im Herbst 2023 zahlreiche Deep Fake Videos von beliebten ORF-Moderatoren wie Armin Assinger oder Mirjam Weichselbraun, konnten im Untersuchungszeitraum keine Deep Fake Videos im Zusammenhang mit Investmentbetrug gefunden werden.
Stattdessen fällt den Forscherinnen aktuell der vermehrte Einsatz von emotionaler (Bild-)Sprache auf. So sieht man eine verletzte Nadja Bernhard, liest vom tragischen Ende von Christoph Grissemann und grundsätzlich ist ganz Österreich meist schockiert. Dass hier Investmentplattformen beworben werden, wird erst nach einem Klick auf den Link klar. Zu eben diesem Klick sollen die Opfer durch Clickbaiting-Methoden wie das Ansprechen von Emotionen bei gleichzeitigem Weglassen wichtiger Informationen verleitet werden. Die missbräuchliche Verwendung von Designelementen und Logos von Medienhäusern wie oe24.at, Kronen Zeitung oder von Sendungen wie „Zeit im Bild“ sollen zusätzlich Vertrauen schaffen.
Kriminelle versuchen Überprüfungsprozess zu umgehen
Strategien entwickeln die Kriminellen auch, um die Richtlinien der Plattformen zu umgehen. Das zeigt zum Beispiel ein Blick auf die Accounts, von denen die Anzeigen geschaltet werden. Die 246 entdeckten Inserate stammen von 27 verschiedenen Facebook-Profilen. Dabei handelt es sich meist um gehackte Facebook-Konten von verifizierten Nutzer/innen mit vielen Followern. Solche Konten werden von den Kriminellen gezielt genutzt, um den internen Prüfprozess der Plattformen zu umgehen oder zumindest zu erschweren.
Denn werfen die Reviewer einen Blick auf das Profil, wirken die geposteten Inhalte harmlos, der verifizierte Account spricht für Seriosität. Gleichzeitig verschleiern Kriminelle oft, zu welchen Links die Opfer geführt werden. Oder die Opfer landen auf einem Zeitungsartikel, in dem über die betrügerische Investmentplattform berichtet wird. Zwar sind auch diese vermeintlichen Nachrichten Fake, aber im Gegensatz zur Bewerbung von Finanzprodukten ist für die Bewerbung von Nachrichtenartikeln keine Berechtigung der Finanzmarktaufsicht erforderlich.
In vielen Fällen funktionieren diese Umgehungsstrategien auch: Zwar waren rund 20% der gefundenen Werbeanzeigen zum Zeitpunkt der Untersuchung aufgrund von Verstößen offline. Über die betroffenen Accounts wurden jedoch teilweise seit Monaten mehrere hundert betrügerische Anzeigen geschaltet. Einige davon wurden von Meta gelöscht. Viele andere wiederum, die nicht nur vom gleichen Account stammen, sondern auch den gleichen Text, die gleichen Bilder und den gleichen Link verwenden, sind noch aktiv.
Was können Betroffene tun?
Wer auf eine der betrügerischen Plattformen investiert hat, sollte die Werbung auf den jeweiligen Plattformen melden, Strafanzeige bei der Polizei erstatten und die Bank kontaktieren, um zu versuchen das Geld zurückzuholen. Die Aussichten auf Erfolg sind allerdings sehr gering. Daher ist es zentral, dass Social Media Nutzer/innen die Werbeanzeigen von vornherein als Betrug identifizieren können. Werden Promis genutzt, um solche Plattformen zu bewerben und zusätzlich noch unrealistische Gewinne versprochen, heißt es Finger weg. Außerdem sollten potenzielle Anleger/innen überprüfen, ob der Anbieter in der Datenbank seriöser Finanzdienstleister der FMA gelistet ist oder auf der Liste Finanzbetrug der Watchlist Internet bereits davor gewarnt wird.
Für den Inhalt verantwortlich: Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT)