Mobile Payment in Österreich: Entwicklungen und Trends bei Bezahl-Apps
Welche Anbieter es hierzulande gibt, wie häufig Mobile Payment-Verfahren genutzt werden und welche Entwicklungen bei Bezahldienstleistungen erwartet werden können, erklärt OeNB-Expertin Petia Niederländer im Interview.
An der Supermarktkasse, im Restaurant oder an der Tankstelle mit dem Smartphone bezahlen – mobile Zahlungssysteme wie Bluecode oder Apple Pay ermöglichen die berührungslose Bezahlung ohne Bankomat- oder Kreditkarte. Auch zeichnen sie sich durch vergleichsweise hohe Sicherheitsstandards aus.
Petia Niederländer, Direktorin der Hauptabteilung Zahlungsverkehr, Risikoüberwachung und Finanzbildung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), erklärt im Interview, welche aktuellen Trends es im Bereich Mobile Payment gibt, wie oft in Österreich mit dem Smartphone an der Supermarktkasse bezahlt wird und was Anwenderinnen und Anwender von Bezahl-Apps hinsichtlich der Datensicherheit berücksichtigen sollten.
Hinweis
Einen Überblick zu den in Österreich verfügbaren Mobilen Zahlungssystemen sowie nähere Ausführungen zu ihrer Funktionsweise bietet der Beitrag „Die Verbreitung von Mobile Payment-Verfahren in Österreich“.
Welche Handybezahldienste werden in Österreich am häufigsten verwendet?
Petia Niederländer: Weltweit gibt es mehr als 300 Anbieter für Mobile Payment. In Österreich werden diese als Zahlungsinstitute von der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) zugelassen beziehungsweise können sie im Zuge der Dienstleistungsfreiheit (Passporting) in Österreich ihre Dienste anbieten, wenn sie in anderen Mitgliedstaaten zugelassen sind. In Österreich zugelassen sind sechs solcher Zahlungsinstitute: Apple Pay, Fitbit Pay, Garmin Pay, SwatchPay und Bluecode, die allerdings ihre Services über Zulassungen in anderen Mitgliedstaaten anbieten, und Bitpanda Payments.
Die OeNB untersucht das Zahlungsverhalten regelmäßig anhand der gemeldeten statistischen Daten sowie gezielter Befragungen wie des jährlichen OeNB-Barometers oder der alle zwei Jahre durchgeführten Zahlungsmittelstudie. Die letzte Zahlungsmittelstudie hat ergeben, dass die Pandemie als Beschleuniger bei der Digitalisierung des Konsum- und Zahlungsverhaltens agiert hat. Im Jahr 2020 ist der Anteil der Online-Zahlungen wesentlich gestiegen. Internetbezahlverfahren, zu denen auch Mobile Wallets und In-App Payments zählen, sind an dritter Stelle bei den beliebtesten Online-Zahlungsverfahren und machen bereits ein Viertel aller Transaktionen und 23 Prozent des Volumens aus. Im Schnitt werden pro Person und Woche 0,61 Online-Transaktionen mit einem durchschnittlichen Volumen von je 81 EUR durchgeführt. In Österreich zählen Klarna und PayPal zu den beliebtesten Online-Bezahlmethoden.
Im Einzelhandel wurden laut der Zahlungsmittelstudie 2020 lediglich 0,7 % der Transaktionen mit dem Mobiltelefon (zum Beispiel mit Apple Pay, Bluecode) bezahlt.
Mit 1.1.2022 ist die neue Zahlungsstatistik in Kraft getreten, die bei mobilen Transaktionen genauere Trackings erlaubt. Die ersten Meldungen erfolgen im ersten Quartal 2022 und werden von der OeNB entsprechend ausgewertet.
Wir sehen aber auch, dass viele Menschen noch immer gerne mit Bargeld bezahlen. Auch in der Pandemie ist das Bargeld nicht verschwunden und es wird auch künftig einen hohen Stellenwert haben.
Worauf sollten Userinnen und User in puncto Datenschutz bei mobilen Zahlungssystemen achten?
Niederländer: Die Datensicherheit von Internetbezahlverfahren ist ein wichtiges Thema. Grundsätzlich gelten für alle zugelassenen Zahlungsdienste die Vorschriften der Datenschutzverordnung und somit informieren diese Dienste ihre Kundinnen und Kunden beim Vertragsabschluss über die Datenverwendung und holen sich eine Zustimmung ab. Oft stimmen Userinnen und User der Datenschutzvereinbarung zu, ohne diese genau zu prüfen. Wir empfehlen, sich zu informieren, welche Kundendaten beziehungsweise Transaktionsdaten vom Dienstleister gespeichert werden und zu welchen Zwecken.
Unter anderem speichern die mobilen Geldbörsen die Identitätsdaten der Besitzerinnen und Besitzer, die dann leicht mit den Transaktionsdaten verknüpft werden können. Mittels Künstlicher Intelligenz und anderen analytischen Methoden kann das Zahlungsverhalten der Nutzerinnen und Nutzer leicht nachvollzogen und für kommerzielle Zwecke verwendet werden.
Worin unterscheiden sich bankenzentrierte Mobile Payment-Lösungen gegenüber Trusted-Third-Party-Anbietern wie Bluecode?
Niederländer: Der Unterschied liegt meistens beim Funding. Das Konto ist die Drehscheibe für den Zahlungsverkehr, unabhängig davon, über welche Apps die Zahlung erfolgt. Bei den Banking-Apps handelt es sich um eine meist direkte Verknüpfung von Kontoinformationen mit dem Bezahlprozess. Dadurch liegt zum einen die Datenhoheit bei der Bank und wird von dieser gewährleistet. Zum anderen ist der Bezahlprozess kürzer (da die Bank auch das Konto verwaltet) und somit günstiger. Im Falle von anderen Anbietern registriert sich die Userin oder der User für das Service und gibt seine Zustimmung, ihre oder seine Daten zu speichern. Weiters muss die Userin oder der User meistens eine Karte oder ein Konto als Zahlungsmethode hinterlegen, um die Transaktion möglich zu machen. Dadurch wird die Datenhoheit zwischen dem mobilen Zahlungsanbieter und der Bank beziehungsweise dem Kartenherausgeber geteilt. Die Kosten sind höher und werden meistens über den Preis der Güter und Services indirekt verrechnet.
Gleichzeitig beobachten wir, dass die mobilen Wallets der Banken noch fragmentiert sind und keine ausreichende Akzeptanz bei den Händlern in Österreich haben. Es gibt mehrere bankenzentrierte Identifikationsverfahren wie Stuzza-ID-Lösung, ich.app und jenes der Post, die neben den bankenüblichen Identitätslösungen angeboten werden. Hingegen punkten PayPal und Klarna mit einer digitalen Wallet, die bei vielen Händlern angenommen wird und zusätzliche value-added Services wie den Käuferschutz beinhaltet.
Mit dem Fingerring oder der Armbanduhr den Gemüsehändler am Marktplatz bezahlen – ist das ein realistisches Szenario in naher Zukunft?
Niederländer: Wie gesagt, wurden im Jahr 2020 nur 0,7 Prozent aller Transaktionen am POS (Point of Sale) mithilfe einer Mobile Wallet bezahlt. Das beinhaltet auch Wearables wie eine Armbanduhr. Nichtsdestotrotz ist der Trend zu NFC-Zahlungen da. Seit 2019 ist vor allem der Besitz einer NFC-fähigen Debitkarte beziehungsweise das Wissen über diese Funktion der Karte deutlich gestiegen. Waren es 2019 noch 31 Prozent, die angaben, über eine kontaktlose Zahlungskarte zu verfügen, sind im Jahr 2020 bereits 84 Prozent der Bankomat- und Debitkarten mit einer Kontaktlosfunktion ausgestattet. Bereits 77 Prozent der 60- bis 69-Jährigen verfügen über eine NFC-fähige Bankomat- oder Debitkarte, so die Zahlungsmittelstudie 2020. Neun Prozent der Befragten verfügen über die Möglichkeit, bargeldlose Zahlungen mit einem NFC-fähigen Smartphone mit einer entsprechenden App abzuwickeln.
Welche Trends im Bereich „Mobile Payment“ zeichnen sich derzeit ab und könnten auch in Zukunft immer wichtiger werden?
Niederländer: Neben dem enormen Wachstum des E- und M-Commerce (Mobile Commerce) wird zunehmend der Bestell- und Bezahlprozess offline und online konvergieren. Weltweit wird erwartet, dass 52 Prozent der Bevölkerung über eine digitale Wallet zahlen wird. Die Gewinner dieses Wachstums sind alternative Bezahlmethoden und Echtzeitzahlungen (Instant Payments). Den Studien zufolge werden 25 Prozent aller elektronischen Transaktionen im Jahr 2025 mit Instant Payments erfolgen, somit direkt vom Konto des Users angestoßen werden.
Wichtig in diesem Hinblick ist auch die Entstehung von digitalen Zentralbankwährungen wie dem digitalen Euro. Der digitale Euro soll ein neutrales Zahlungsmittel für eine digitale Wirtschaft werden. Konsumentinnen und Konsumenten werden die Möglichkeit bekommen, neben privaten Zahlungsverfahren auch Zentralbankgeld (wie heute Bargeld) als Mobile Payment zu nutzten. Der digitale Euro, der Sicherheit, Privatheit und Stabilität für alle bieten soll, wird frühestens im Jahr 2026 eingeführt – vorausgesetzt, es gibt eine positive Ratsentscheidung zur Ausgabe.
Hinweis
In unserem Beitrag „Handybezahldienste: Bluecode, Google Pay und Apple Pay“ finden Sie weiterführende Informationen zu verschiedenen Dienstleistern für Mobile Payment.
Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria