Hass-Postings im Internet – was sagt das Gesetz?
Hasserfüllte Postings verbreiten sich immer stärker im Internet. Da kann man nichts machen, oder? Doch! Wir zeigen Ihnen, was das Gesetz zu Hass im Netz sagt.
Neues Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz
2021 ist das neue Hass-im-Netz-Bekämpfungsgesetz in Kraft getreten. Dieses soll Betroffenen von Hass im Netz helfen, ihre Rechte leichter durchzusetzen und Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok oder Twitter mehr in die Verantwortung nehmen.
Postings, die gewisse Straftatbestände erfüllen, müssen von großen Plattformen rasch gelöscht werden. Sogenannte "Zustellungsbevollmächtigte“ sollen außerdem dafür sorgen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Plattformen und den österreichischen Behörden besser funktioniert.
Facebook und Instagram haben sich bereits an das neue österreichische Gesetz angepasst: Wird ein "Beitrag als rechtswidrig gemäß KoPl-G" gemeldet, sollte dieser schnell überprüft und bei offensichtlichen Verstößen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden.
Außerdem können Betroffene eine Löschung von Hass-Postings nun leichter gerichtlich durchsetzen. In einem gerichtlichen Eil-Verfahren vor dem Bezirksgericht kann ohne vorangehende Verhandlung ein sogenannter „Unterlassungsauftrag“ beantragt werden. Ein solches "Mandatsverfahren" kann nicht nur gegen die Täterin bzw. den Täter, sondern – bei erfolgloser Meldung – auch gegen die Plattform angestrengt werden. Wenn die Täterin bzw. der Täter oder die Plattform einen solchen Unterlassungsauftrag erhält, muss das Posting sofort gelöscht werden.
Eine weitere Neuerung: Opfer von strafrechtlichem Hass im Netz können nun um Prozessbegleitung ansuchen. So soll es für Betroffene jetzt einfacher sein, psychosoziale und juristische Unterstützung zu erhalten. Außerdem wurde das Kostenrisiko für Betroffene abgemildert, wenn diese als PrivatanklägerInnen gegen TäterInnen vorgehen, aber mit ihrer Privatanklage nicht durchdringen.
Nicht jede hasserfüllte oder rassistische Äußerung im Netz ist strafbar
Lassen Sie diese dennoch nicht auf sich sitzen – umso ruhiger und gefasster Sie kontern, desto eher dringen Sie bei Ihrem Gegenüber durch. Achten Sie außerdem darauf, dass Sie sich nicht selbst schuldig machen. Auf schnellerkonter.at finden Sie ein Tool, das Ihnen beim Kontern von Hass-Postings hilft. Weitere Tipps finden Sie im Artikel Hass im Netz – wie kann ich mich wehren? Außerdem können Ihnen spezielle Melde- und Beratungsstellen helfen.
Was ist überhaupt strafrechtlich relevant?
Hass im Netz ist ein vielfältiges Phänomen. Eine einfache Definition gibt es daher nicht. Im Gegenteil: Es können verschiedene Straftatbestände bei hasserfüllten Kommentaren im Internet erfüllt sein.
- Nötigung (§ 105 StGB)
… kommt zur Anwendung, wenn jemand durch Gewalt oder durch eine gefährliche Drohung zu einer bestimmten Handlung genötigt wird.
Beispiel: Ein Mann droht seiner Ex-Freundin damit, peinliche oder intime Bilder von ihr zu veröffentlichen, wenn sie keine Gegenleistung erbringt. - Gefährliche Drohung (§ 107 StGB)
… kommt zur Anwendung, wenn jemand durch eine gefährliche Drohung in Furcht und Unruhe versetzt wird. Als gefährliche Drohung gilt etwa die Drohung mit einer Körperverletzung oder einer Brandstiftung, aber auch die Androhung der Veröffentlichung von Nacktbildern.
Beispiel: Ein eifersüchtiger Mann droht seiner Ex-Freundin aus sehr konservativem Haus damit, ein während der Beziehung einvernehmlich gemachtes Sex-Video auf Facebook zu veröffentlichen. Die Ex-Freundin bekommt Angstzustände, weil sie durch eine solche Veröffentlichung in den Augen ihrer Familie entehrt würde. - Beharrliche Verfolgung (§ 107a StGB)
… wird auch "Stalking" genannt und kommt zur Anwendung, wenn eine Person so verfolgt wird, dass diese in ihrer Lebensführung für eine längere Zeit hindurch unzumutbar beeinträchtigt wird.
Beispiel: Eine Frau belästigt einen ehemaligen Mitschüler, in den sie schon in Schulzeiten verschossen war, bereits seit einem halben Jahr. Sie ruft ihn immer wieder an, schreibt ihm auf WhatsApp und über Messenger in den Sozialen Medien. Der ehemalige Mitschüler hat schon mehrmals seine Nummer geändert und die Täterin blockiert und gemeldet. Trotzdem findet die Täterin immer wieder einen Weg, um ihren ehemaligen Mitschüler zu belästigen. - Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems (§ 107c StGB)
… wird auch "Cyber-Mobbing" genannt und kommt zur Anwendung, wenn jemand eine andere Person – einen längeren Zeitraum hindurch für andere wahrnehmbar absichtlich bloßstellt oder beleidigt. Die Bloßstellungen und Beleidigungen müssen in einer Weise erfolgen, dass eine Person an der Stelle des Opfers ihre Lebensführung in wesentlichen Belangen ändern würde.
Beispiel: Ein Schüler macht sich in der Klassen-WhatsApp-Gruppe mit derben Beleidigungen fortlaufend über eine Mitschülerin lustig. Die Mitschülerin zieht sich immer mehr aus dem Klassenverband zurück und will irgendwann nicht mehr in die Schule gehen. - Üble Nachrede (§ 111 StGB)
… kommt zur Anwendung, wenn jemand bewusst ein Gerücht oder eine Falschbehauptung über andere verbreitet, um diesen zu schaden.
Beispiel: Eine Frau verbreitet über verschiedene Soziale Medien das Gerücht, dass der Bürgermeister einer Kleinstadt fremdgeht, obwohl das gar nicht stimmt. - Beleidigung (§ 115 StGB)
… kommt zur Anwendung, wenn jemand öffentlich andere beschimpft, verspottet oder mit einer körperlichen Misshandlung droht.
Beispiel: Eine Nutzerin stellt ein Video auf TikTok und verlinkt dort eine andere Nutzerin. Im Video beschimpft sie die verlinkte Person wüst. - Unbefugte Bildaufnahme (§ 120a StGB)
… wird auch "Upskirting" genannt und kommt zur Anwendung, wenn jemand eine heimliche Bildaufnahme von Körperstellen einer Person macht, die vor solchen Blicken und Aufnahmen geschützt wurden (Genitalbereich, Gesäß, weibliche Brust).
Beispiel: Ein Junge nimmt sein Handy und macht ein Foto von seiner Mitschülerin, indem er ihr die Kamera unbeobachtet unter den Rock hält. - Aufforderung zu mit Strafe bedrohten Handlungen und Gutheißung mit Strafe bedrohter Handlungen (§ 282 StGB)
… kommt zur Anwendung, wenn jemand öffentlich zu einer Strafhandlung aufruft oder diese in einer Weise gutheißt, dass zur Begehung dieser Handlung aufgestachelt wird.
Beispiel: Auf Facebook wird ein Artikel über die Aufgabe von Frauenhäusern geteilt. Darunter findet sich ein Kommentar eines Mannes, der sich an andere Männer richtet: "Wir sollten den Frauen mal alle einen Besuch abstatten und ihnen zeigen, was richtige Männer sind. Jeder darf sich eine Frau aussuchen, sind ja genug da." - Verhetzung (§ 283 StGB)
… kommt zur Anwendung, wenn jemand öffentlich zu Gewalt oder zu Hass gegen Personen aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit, Nationalität, ethnischer Zugehörigkeit, Weltanschauung, sexueller Orientierung oder Hautfarbe aufstachelt. Dazu zählt auch das öffentliche die Menschenwürde verletzende Beschimpfen einer einzelnen Person wegen der Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe sowie das Verleugnen von Völkermord.
Beispiel: Auf Instagram ist eine Rapperin sehr aktiv und postet auch feministische Inhalte. Wegen ihrer feministischen Ansichten und ihrer syrischen Herkunft ist sie immer wieder Beschimpfungen ausgesetzt. Eine Userin schreibt: "Dieser syrische Flüchtling könnte ruhig ein bisschen Giftgas vertragen. Abschieben zurück in ihre Kriegsheimat - Problem gelöst!" - Straftatbestände des Verbotsgesetzes 1947
… kommt zur Anwendung, wenn jemand versucht den Nationalsozialismus wiederzubeleben, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu leugnen oder den Nationalsozialismus zu verherrlichen.
Beispiel: Ein User postet ein Bild eines Hakenkreuzes und schreibt dazu: "Es wird wieder mal Zeit für einen starken Führer."
Tipp
Bei manchen Straftatbeständen (Verhetzung, Aufforderung zu einer Straftat) müssen die Aussagen öffentlich getroffen werden. In vielen Fällen ist so eine Öffentlichkeit schon ab etwa 30 Personen gegeben, bei Cyber-Mobbing sogar ab 10 Personen. Daher können diese Straftatbestände auch auf kleine Online-Foren, Facebook-Gruppen oder sogar auf WhatsApp-Gruppen angewandt werden.
Hinweis
Anzeige erstatten
Bei den meisten Straftatbeständen können Sie einfach mit den Beweisen (Screenshots!) zur nächsten Polizeidienststelle gehen, um dort Anzeige zu erstatten. Allerdings erfüllen viele Hass-Postings die Straftatbestände der "üblen Nachrede" oder der "Beleidigung", die zu den Privatanklagedelikten zählen. Handelt es sich um anonyme TäterInnen, mussten diese bei solchen Privatanklagedelikten, bis dato von den Betroffenen selbst ausgeforscht werden. Das ist sehr kostenintensiv und wurde daher mit dem neuen Gesetz geändert. Nun forschen die Behörden die TäterInnen aus, wenn dies beim Landesgericht beantragt wird.
Für den Inhalt verantwortlich: Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT)