Der Confirmation Bias in Online-Recherchen
Auf der Suche nach Informationen im Internet tendieren wir dazu, aus der Flut an Ergebnissen jene Inhalte auszuwählen, die unsere Meinung bestätigen. Dieses Phänomen nennt sich Confirmation Bias und sitzt tief in unserem Unterbewusstsein. Welche Risiken birgt das und wie umgeht man diese?
Haben Sie schon einmal über den Kauf eines bestimmten Autos nachgedacht, und plötzlich fährt immer wieder ihr präferiertes Modell an Ihnen vorbei? Hier liegt ein Fall von selektiver Wahrnehmung vor – also der menschlichen Fähigkeit, gewisse Aspekte der Umwelt ein- und andere auszublenden.
Ähnlich arbeitet unser Gehirn auch bei Online-Recherchen. Sie sind überzeugt von einer Annahme, verfolgen eine bestimmte Theorie und wollen Ihre Informationen im Internet überprüfen? Dann werden Sie auch genau jene Webseiten und Beiträge finden, die Ihre These untermauern. Ein Beweis für sich selbst und alle anderen, dass man recht hatte.
Laut dem englischen Denkpsychologen Peter Wason entsprechen die Recherche-Ergebnisse jedoch nicht zwingend der Realität. In den 1960er-Jahren stellte er erstmals die Theorie des „Confirmation Bias“ auf, also der kognitiven Verzerrung. Durch eine ähnliche selektive Wahrnehmung wie beim Beispiel des Autokaufs und daraus resultierende „Bestätigungsfehler“ betrügen wir demnach unser Gehirn selbst, um unterbewusst unsere zuvor gefassten Überzeugungen zu bestätigen. Dieses Phänomen ist schwer zu umgehen und birgt für unsere Umwelt einige Risiken.
Bestätigungsfehler bei der Recherche
Durch die technischen Möglichkeiten und die Fülle an Medien, Social Media Plattformen und anderen Portalen leben wir heutzutage in einer Informationsgesellschaft. Besonders online findet sich auf beinahe jede Frage, für jede Annahme und jede Neigung ein Beitrag, ein Blog oder ein Forum. Da die menschliche Aufnahmefähigkeit begrenzt ist, muss die Informationsflut jedoch tagtäglich aufs Neue selektiert und bewertet werden, um sie verarbeiten zu können.
Generell tendiert der Mensch unterbewusst dazu, nach Mustern in Informationen zu suchen, die sich in die bereits abgespeicherten Überzeugungen eingliedern lassen. Dabei werden Informationen, die den eigenen Standpunkt unterstützen, stärker wahrgenommen. Die Wahrnehmung ist daher nicht nur selektiv, sondern auch durch und durch subjektiv. Hervorgerufen wird dieses Phänomen unter anderem durch die Effekte des Priming und des Framing:
- Priming: Dabei werden bestimmte Inhalte (Wörter, Bilder, etc.) von Personen unterschiedlich aufgenommen und verarbeitet. Grund dafür sind durch bestimmte Vorerfahrungen bedingte Assoziationen im Gehirn, sogenannte Primes.
- Framing: Unterschiedliche Formulierungen oder Darstellungen ein und desselben Inhalts können Personen unterschiedlich beeinflussen. Dieser Effekt wird häufig auch zur Manipulation eingesetzt.
Das individuelle Denken jedes Menschen äußert sich im Confirmation Bias als Fehler in der Wahrnehmung. Informationen werden – wie bereits erwähnt – so ausgewählt, gedeutet und bewertet, dass das persönliche Weltbild bestätigt wird. Ein Problem, dass sich besonders in Krisenzeiten deutlich zeigt: Selektive Wahrnehmung und die Suche nach bekannten Mustern verleiten dazu, Zusammenhänge zu erkennen, wo nur Zufälle passieren. Ein Grund dafür ist, dass der Mensch von Natur aus gerne in einer vorhersehbaren, einfach erklärbaren Welt mit kontrollierbaren Ereignissen lebt. Eine Pandemie wie Covid-19 kann in Folge zu massiver Verunsicherung führen. Der Confirmation Bias trägt dazu bei, dass kognitive Diskrepanzen oft mit aus der Luft gegriffenen Zusammenhängen erklärt und in Folge Verschwörungserzählungen verbreitet werden.
Beispiel
Angenommen jemand ist der Meinung, dass das Corona-Virus keine Pandemie, sondern nur die alljährlich auftretende Grippe sei und die von Wissenschaft und Gesundheitsbehörden empfohlenen Maßnahmen daher vollkommen nutzlos seien. Bei seiner Recherche im Internet findet er zahlreiche Zeitungsberichte, Bilder, Videos etc., die seine Meinung unterstreichen. Texte, die seine Theorie widerlegen, klickt er gar nicht erst an oder ignoriert sie. Besonders auf Social Media folgt er Gruppen oder Personen und beteiligt er sich an Diskussionen, die mit seinen Ansichten konform gehen. So schafft er sich sukzessive ein Umfeld, das seine Theorien bestätigt und seine Erwartungen erfüllt. Eines Besseren belehrt werden oder von einer gegenteiligen Meinung überzeugt werden möchte er gar nicht.
Auch wenn wir solchen Bestätigungsfehlern nicht absichtlich nachgeben, läuft der Prozess unterbewusst ab, ohne Chance, dass wir großen Einfluss darauf nehmen können. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Bevorzugung bestätigender Rechercheergebnisse jedoch der falsche Weg.
Den Confirmation Bias umgehen
Denn auch wenn wir nicht gerne zugeben, falsch gelegen zu haben, sollte die eigene Meinung immer auf den Prüfstand gestellt werden. Ein Tipp ist, bei der Online-Recherche nicht nach Information zu suchen, die die eigenen Überzeugungen bestätigen, sondern nach solchen, die den Standpunkt hinreichend widerlegen. Wird die Überzeugung nicht als Tatsache, sondern als Hypothese angesehen, lassen sich die Informationen aus einem anderen, objektiveren Blickwinkel betrachten. Durch einen solchen Zugang werden die Denkmuster des Confirmation Bias nicht zwingend aktiv. Finden sich keine widersprüchlichen Theorien gegen die persönlichen Ansichten, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie tatsächlich richtig sind.
Auch heute beschäftigt die Theorie des Confirmation Bias die Expertinnen und Experten. Und auch wenn von manchen angezweifelt wird, dass Menschen einem systematischen Bestätigungsfehler unterliegen, ist die kognitionspsychologische Forschung sich der Unterschiede in der Auswahl der Informationen bewusst. Ein Bewusstsein für diese Problematik ist essenziell, um ein verzerrtes Weltbild zurechtzurücken.
Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria