Soldaten am Rechner: Der Cyber-Grundwehrdienst im Überblick
IT- und Cyber-Sicherheitsthemen sind für die Landesverteidigung von hoher Bedeutung. Der Cyber-Grundwehrdienst unterscheidet sich daher nicht nur wesentlich vom Präsenzdienst in klassischen Waffengattungen, sondern eröffnet IT-Spezialisten besondere Möglichkeiten.
Präsenzdienst oder Zivildienst? Das ist eine Frage, die sich viele wehrpflichtige österreichische Staatsbürger nach Abschluss der Lehre oder der höheren Schule stellen. Vor allem das Bedürfnis nach einer sinnvollen Tätigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle. Wer Kenntnisse im IT-Bereich nachweisen kann, dem bietet sich beim Österreichischen Bundesheer eine besondere Möglichkeit: Im Cyber-Grundwehrdienst werden Personen ihren speziellen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt: „Wir suchen Netzwerktechniker, Programmierer und IKT-Sicherheitsexperten genauso wie Grafiker und Medientechniker“, erklärt Oberleutnant Nadine F. Der Kompaniekommandantin sind die gut 60 Grundwehrdiener unterstellt, die jährlich ihren Präsenzdienst in der Direktion IKT & Cyber in der Wiener Stiftskaserne absolvieren. Hier werden beispielsweise Applikationen programmiert und Netzwerke eingerichtet. In der Direktion findet sich auch das militärische Cybersicherheitszentrum, das im CERT-Verbund an der Entwicklung von Firewalls und anderen Abwehrmaßnahmen gegen Cyberbedrohungen mitarbeitet.
Hinweis
Informationen über das militärische Computer Emergency Readiness Team (MilCERT) finden Sie hier.
Grundwehrdienst am Computer
„Für uns sind die Grundwehrdiener besonders wertvoll, weil sie den aktuellen Stand der Technik und das letztverfügbare Wissen aus den gerade abgeschlossenen Ausbildungen mitbringen“, erklärt Oberleutnant F. Die Präsenzdiener werden deshalb längst nicht nur für Hilfsaufgaben eingesetzt, sondern arbeiten als vollwertige Mitarbeiter selbständig an Projekten.
Dabei werden der persönliche Zugang und die Erfahrung der jungen Soldaten berücksichtigt: „Ich hätte nicht gedacht, dass hier so spezifisch auf meine Interessen eingegangen wird“, sagt etwa Eric K. Der 20-jährige Kärntner hat eine HTL mit Informatikschwerpunkt abgeschlossen und bereits erste Berufserfahrung gesammelt, bevor er vor vier Monaten zum Cyber-Grundwehrdienst eingerückt ist. Nun arbeitet er als Programmierer in der Performanceanalyse des Bundesheeres. „Die Aufgaben sind gut mit meinem vorigen Job vergleichbar und extrem spannend. Die Erfahrungen, die ich hier sammle, werden mir später helfen und der Cyber-Grundwehrdienst macht sich gut in meinem Lebenslauf“, erklärt K. die Vorteile, die sich für ihn persönlich ergeben. Das Bundesheer profitiert wiederum von der individuellen Abstimmung auf seine „Cyber-GWD“, wie die speziellen Präsenzdiener kurz genannt werden: „So können wir das Potenzial jedes Grundwehrdieners maximal nutzen. Was sie gut können und gerne machen, hilft uns“, erklärt Oberleutnant F.
Hinweis
Weiterführende Informationen zum Cyber-Grundwehrdienst finden Sie auf der Website des Österreichischen Bundesheeres.
Wie läuft der Cyber-Grundwehrdienst ab?
Zwei Monate wird Eric K. noch in der Stiftskaserne seinen Dienst versehen. Bevor er hierherkam, absolvierte er sechs Wochen eine allgemeine militärische Basisausbildung, wie sie jeder Grundwehrdiener durchläuft. Danach folgte eine einwöchige Cyber-Basisausbildung mit militärspezifischen IT-Inhalten. Nun beginnt sein Arbeitstag um 7:30 Uhr und nach einer kurzen Lagebesprechung mit der Kompaniekommandantin ist K. mit Programmierprojekten unter Fachvorgesetzten beschäftigt. Dienstschluss ist üblicherweise um 16:00 Uhr und wenn es die Aufgaben zulassen, gibt es tagsüber Möglichkeiten, Sport zu betreiben – ein willkommener Ausgleich und auch ein Vorteil gegenüber zivilen Schreibtischjobs. Schon vor seinem Einrückungsbefehl ist K. privat nach Wien gezogen. In der Kaserne muss er also schon lange nicht mehr übernachten.
„Zwischen Cyber-Grundwehrdienern, Berufssoldaten und Zivilbeschäftigten herrscht ein lockereres Verhältnis, als das in konventionellen Truppenteilen üblich ist“, sagt Kompaniekommandantin F. Einerseits liege das am Fachwissen, andererseits am höheren Vertrauensverhältnis. Interessenten müssen sich immerhin für den Cyber-Grundwehrdienst bewerben. Im Zuge der Auswahl werden sie nicht nur hinsichtlich ihrer fachlichen Qualifikation, sondern auch auf ihre Vertrauenswürdigkeit überprüft.
Hinweis
Die Wehrdienst-Beratungsstellen informieren über IKT-Karrieremöglichkeiten beim Österreichischen Bundesheer.
Wer kann den Cyber-Grundwehrdienst absolvieren?
Da sie während ihrer Zeit beim Bundesheer potenziell mit besonders sensiblen Daten und sicherheitsrelevantem Wissen konfrontiert werden, müssen Cyber-Grundwehrdiener unbescholten sein und eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen, die über den Dienst hinaus unbegrenzt gilt.
Fachlich qualifiziert eine Lehre, eine berufsbildende Schule mit IT-Schwerpunkt oder eine vergleichbare Ausbildung. Manche Soldaten haben bereits ein Studium abgeschlossen, bevor sie ihren Präsenzdienst leisten. Während Netzwerktechniker, Programmierer, IKT-Sicherheitsexperten und Medientechniker hauptsächlich in der Direktion IKT & Cyber in Wien ihren Dienst versehen, gibt es unter anderem in Villach und St. Johann im Pongau auch Einsatzmöglichkeiten für Informations- und Dokumentationsgehilfen. Zu deren Aufgaben gehört insbesondere die Recherche für Berichte und Forschungsarbeiten zu Cybersicherheitsthemen. Cyber-Gehilfen unterstützen darüber hinaus Dienststellen in ganz Österreich bei der Administration von Webseiten, beteiligen sich an der Fehlersuche bei Netzwerkproblemen oder assistieren bei der Datensicherung.
Nach insgesamt sechs Monaten endet der Cyber-Grundwehrdienst. Während bei den meisten Präsenzdienern die Verbindung zu Berufssoldaten oder Dienststellen nach dem sogenannten Abrüsten endgültig abbricht, bleibt der Kontakt zu ehemaligen Grundwehrdienern in der Direktion IKT & Cyber aufgrund der besonderen Umstände häufig aufrecht: „In der ein oder anderen Form begegnen wir immer wieder ehemaligen Grundwehrdienern von uns oder hören von ihnen“, sagt Oberleutnant F. In der kleinen Branche seien fähige Leute immer gefragt und in manchen Fällen ergebe sich mit ehemaligen Soldaten, auf die man sich gerne verlasse, sogar eine neuerliche Zusammenarbeit.
Für den Inhalt verantwortlich: A-SIT Zentrum für sichere Informationstechnologie – Austria